Eva Rieger
ISBN 9783492304122

Friedelind, die älteste Tochter von
Siegfried und Winifred Wagner, wächst auf im Bewusstsein, als Enkelin des
großen Meisters dessen Werk und den Bayreuther Festspielen verpflichtet zu
sein. Durch diese früh geförderte Verbundenheit zum Familienunternehmen und aufgrund
ihrer vielfältigen künstlerischen Talente erwartet Friedelind ganz
selbstverständlich, in die Organisation der Festspiele eingebunden zu werden, doch
die schwierige Beziehung zu ihrer Mutter, die die Söhne bevorzugt, sorgt schon
früh für Spannungen. Als Friedelind dann in den 30er Jahren beginnt, die
Politik von Familienfreund Adolf Hitler zu hinterfragen, und aus Protest gegen
das Treiben der Nazis letztlich nach England und später in die USA emigriert,
wird der Graben zwischen ihr und dem Rest des Wagnerclans nahezu unüberwindbar.
Auch nach dem Krieg ist eine Annäherung schwierig. Als Einzige aus der Familie,
die politisch unbelastet ist, scheint sie eigentlich dafür prädestiniert zu
sein, die Festspielleitung zu übernehmen. Doch während sie noch zögert, in die
kriegsversehrte Heimat zurückzukehren, wird sie von der Mutter und den beiden
Brüdern geschickt von jeglicher aktiver Teilnahme an den Bayreuther Festspielen
ausgeschlossen...
Eva Riegers Buch ist ein Portrait einer
spannenden Frauenfigur. Die Biographie ist sehr sachlich und ausführlich, allerdings
zeigt sich diese Detailverliebtheit für meinen Geschmack nicht immer an den
passenden Stellen. Die Gründe für Friedelinds Wandel von der familienbedingten
Schwärmerei für Hitler zur erklärten Nazigegnerin hätten gerne genauer
beleuchtet werden dürfen. Auch wäre es hilfreich gewesen, die Gründe für ihr
ständiges berufliches Scheitern genauer unter die Lupe zu nehmen. Bei anderen
Passagen dagegen scheint die Ausführlichkeit übertrieben. So hätte etwas
weniger Name-Dropping nicht geschadet, denn auch wenn ihre Vernetztheit mit
bekannten Künstlern aus aller Welt prägend war, trägt die bloße Aufzählung,
neben welchen Berühmtheiten Friedelind in der Oper gesessen hat, wenig zum
tieferen Verständnis ihres Charakters und ihrer Lebensgeschichte bei. Dafür
interessiert sich die Autorin nicht nur für Friedelind selber, sondern sie beleuchtet
auch detailliert die Beziehungen und Mechanismen im ganzen Wagner-Clan und
ermöglicht so Einblicke in eine Familie, deren Geschichte mit ihren Licht- und
Schattenseiten die Opernwelt bis heute prägt.
Fazit: ein spannendes Buch für alle,
die sich für klassische Musik und eigenwillige Persönlichkeiten interessieren.
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