Paulo Coelho
ISBN 9783257068481
1099 in Jerusalem: die Kreuzritter belagern die Stadt, in
Morgengrauen wird die große Schlacht beginnen. Eine bunt gemischte Gruppe von
Menschen versammelt sich um einen weisen Mann, der nur als „der Kopte“ bekannt
ist, und sucht bei ihm Rat. Dabei geht es nicht nur um die aktuelle Situation
und den Krieg (Kämpfen oder nicht? Wie geht man mit Niederlagen um?), sondern
auch um allgemeine Probleme und Lebensfragen wie Alleinsein, Liebe, Sex oder
Alter. Der Kopte gibt auf jede Frage eine ausführliche Antwort in sehr
bildhafter Sprache, die die Zuhörer zum Weiterdenken und Weiterfragen anregt.
Soweit die Inhaltsangabe. Mit dem Buch hat sie aber
eigentlich nicht viel zu tun, denn das ist nur die Rahmenhandlung, die ein paar
wenige Sätze umfasst. Im Wesentlichen ist das Buch eine Sammlung an
philosophischen Mini-Abhandlungen. Und genau das ist auch die Schwäche dieses
Werks. Ich kenne einige Bücher von Paulo Coelho und mag sie, weil sie in poetischer
Sprache viel Stoff für philosophische Überlegungen bieten, aber keines davon
fand ich so nichtssagend wie dieses. Das beginnt schon mit der Rahmenhandlung,
die diverse historische Patzer aufweist. Warum etwa wird ein Mensch, der aus
Athen stammt, in Jerusalem lebt und sich keiner Religionsgruppe zugehörig
fühlt, eigentlich als Kopte bezeichnet? Mein Hauptproblem ist aber die
Grundstruktur. Was der Kopte antwortet, ist immer sehr allgemein gehalten und
letztlich nichts Neues. Ich fühlte mich immer an die Spruchweisheiten aus alten
Kalendern erinnert, die für jeden Tag einen Denkanstoss liefern sollten. Ja,
einiges regt auch tatsächlich zum Nachdenken an, daneben gibt es aber viele
Plattitüden, zudem wiederholen sich die Sinnbilder etwas zu oft. Mir wirkt das
Ganze auch zu dogmatisch, denn letztlich besteht das Buch aus einer Sammlung an
Predigten, in denen ein ach so perfekter Weiser seinen Jüngern seine Wahrheiten
verkündet. Das ist nicht grundsätzlich problematisch, aber dann sollte man
bitte auf das Spielchen mit der Rahmenhandlung verzichten, die den „Schriften
von Accra“ einen authentischen Anstrich verleihen und glauben machen sollten,
es handle sich hier wirklich um tausendjährige Überlieferungen und nicht um
Coelhos selbst zusammengezimmerte Weltanschauung. Und warum der Verlag das
Ganze noch mit dem Etikett „Roman“ versieht, ist mir ein Rätsel, denn damit
sind falsche Erwartungen eigentlich vorprogrammiert...
Ich finde auch, dass Coelho schon weitaus bessere und inspirierendere Bücher geschrieben hat!!
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