Ingrid Noll
ISBN 978-3257240122
Eine bitterböse Geschichte darüber, was Missgunst, Schuld
und Vaterschaftstests anrichten können: Anja ist Deutsch- und
Französischlehrerin, leider kinderlos, aber glücklich verheiratet. Dachte sie
zumindest, bis die Chorprobe ausfiel und sie ihren Mann Gernot mit einer Unbekannten
erwischte. Nach ihrer Scheidung verkriecht sie sich in ihrer kleinen Wohnung,
wird Sudoku-süchtig, und nur ihrer Kollegin Birgit gelingt es, sie mit dem
neusten Tratsch aus dem Lehrerzimmer aufzuheitern. Doch als Trösterin über eine
gescheiterte Ehe ist Birgit die Falsche. Obwohl sie und ihr Mann Steffen im
Bekanntenkreis als Traumpaar gelten, gibt es immer mehr Anzeichen, dass sie
sich noch in fremden Betten vergnügt. Und als Birgit dann auch noch schwanger
wird, kommt Anja ein rabenschwarzer Verdacht...
Ich habe fast alle Romane (oder eher Krimis?) der Autorin
gelesen und deshalb eine typische Ingrid-Noll-Geschichte erwartet, wie immer
mit einer leicht verschrobenen frustrierten Protagonistin, die über Leichen
geht, um ihr Glück zu finden. Nun ja, die Leichen gibt es, aber sonst ist
„Kuckuckskind“ ziemlich anders. Anja ist zwar keine kaltblütige Mörderin, aber
mit ihrer Eifersucht und ihrem Neid mitverantwortlich für die Todesfälle. Und
hat deshalb ein schlechtes Gewissen, was sie von den anderen
Noll-Protagonistinnen unterscheidet. Dies kombiniert mit der banalen
Alltäglichkeit der Szenen, in die sich leise Wahn und Missgunst schleichen,
ergibt eine psychologische Tiefe, die nur wenige der Vorgängerromane aufweisen
können. Nur ein Manko hat „Kuckuckskind“, denn der typische schwarze Humor, der
den Werken der Autorin sonst den letzten Schliff verleiht, hat mir doch etwas
gefehlt.
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