Google+ Julias Buchblog: Hintergrundgeplauder: Zuschussverlage

Samstag, 9. November 2013

Hintergrundgeplauder: Zuschussverlage

Wie hier schon angekündigt, möchte ich nun ein paar Worte zu den Zuschussverlagen verlieren. Immer öfters begegnen mir nämlich Bücher, wo schon nach den ersten paar Seiten klar wird, dass auf die meisten Verlagsaufgaben wie Korrektorat, Lektorat etc. verzichtet wurde. Wenn das eine bewusste Entscheidung des Autors ist, ist das seine Sache, aber oft wird der Autor dabei über den Tisch gezogen, bemerkt den Schaden erst hinterher und zahlt teuer dafür.

Jeder Jungautor ist frustriert, wenn er seinen Erstling hoffnungsvoll an Verlage schickt und nichts als Schweigen oder Absagen erntet. Da schmeichelt es dem Ego ungemein, wenn dann tatsächlich ein Verlag Interesse zeigt. Spätestens jetzt sollte man allerdings prüfen, ob der Verlag tatsächlich seriös ist. Eine ganze Reihe Verlagshäuser haben sich nämlich auf eine Geschäftspraktik spezialisiert, die nicht auf den Verkauf der Bücher zielt, sondern von der Gutgläubigkeit der Autoren lebt: die sogenannten Zuschussverlage.

So einfach, wie das jetzt klingt, ist eine Definition allerdings nicht, da herrscht ein ziemliches Begriffswirrwarr. Wikipedia etwa spricht nicht von Zuschuss- sondern in einem einzigen Artikel von Bezahl- und Pseudoverlagen, wobei nur die letzteren gemeinhin als Zuschussverlage gelten. (Nach Wikipedia wären Zuschussverlage dagegen Fachverlage, die etwa für den Druck von Dissertationen eine Beteiligung an den Kosten fordern.) „Pseudoverlag“ wäre generell die treffendere Bezeichnung, allerdings ist „Zuschussverlag“ einfach der am weitest verbreitete Begriff.

Kurz gesagt funktioniert das Geschäftsmodell eines Zuschussverlags so, dass er nicht wie üblich das Geld für die Produktion der Bücher vorschießt und nachher über den Verkauf wieder einnimmt, sondern den Autor mit windigen Argumenten dazu bekommt, die Herstellung zu bezahlen. Dabei liegt der Fokus auf der Täuschung des Autors. Auch bei Bezahlverlagen finanziert der Autor die Produktion, nur sollte dort von Anfang an klar sein, was die einzelnen Leistungen kosten. Wer seine selbstgeschriebenen Märchen für die Enkel gerne als Buch haben möchte oder seine Kunden zum Firmenjubiläum mit einer Unternehmensgeschichte beglücken will, dem ist bewusst, dass er dafür keinen regulären Verlag braucht, da mit diesen Büchern wohl kaum je Gewinn erzielt wird. Auch Book-on-Demand-Verlage und ähnliches gehören in diese Kategorie, aber auch dort weiß der Autor von Vornherein, worauf er sich einlässt.

Statt mich nun in weitere Definitionen zu verstricken und aufzuzählen, was alles keine Zuschussverlage sind, schildere ich einfach mal die übliche Vorgehensweise eines Zuschussverlags. Ein Autor hat also sein Manuskript großflächig an Verlage geschickt. Ein Zuschussverlag antwortet nun darauf, indem er Interesse bekundet und das Werk in netten Floskeln lobt. Es sei ja leider bekannt, dass große Verlage keine unbekannten Autoren mehr nehmen würden, sie dagegen seien gewillt, auch Neulingen eine Chance zu geben. Nur leider sei man darauf angewiesen, vom Autor eine kleine Beteiligung an den Produktionskosten zu verlangen. Im Gegenzug werden dem Autor tolle Bedingungen geboten, etwa Tantiemen in überdurchschnittlicher Höhe ab einer gewissen Verkaufszahl (bspw. 30% vom Handelspreis ab dem 500. Exemplar), womit spätestens bei einer zweiten Auflage diese Selbstbeteiligung wieder eingespielt sei.
Viele Autoren lassen sich von derartigen Versprechungen einlullen, statt mal zum Taschenrechner zu greifen. Die „kleine Beteiligung an den Produktionskosten“ beträgt nämlich oft mehrere Tausend Euro, die man zahlen muss, bevor man irgendeine Leistung sieht. Und 30% Tantiemen klingen toll, aber Handelspreis und Ladenpreis sind unterschiedliche Dinge, zudem müssen die 500 Stück ja auch erst verkauft werden. Das geht aber oft nicht so einfach, wie man sich das als Autor erträumt. Zudem hat der Zuschussverlag sein Geld ja im Voraus bekommen, die Bereitschaft, etwas in Lektorat, Layout, Vertrieb und Werbung zu investieren, ist also gering. Entsprechend oft sind diese Bücher dann schlecht gemacht und die ganze PR bleibt am Autor hängen. Nun hat der Autor also mehrere Tausend Euro ausgegeben, dafür ein qualitativ minderwertiges Buch bekommen und unter Umständen auch noch schlechte Rezensionen, was seine Chance, doch noch bei einem ordentlichen Verlag unterzukommen, nochmals schmälern.

Aus diesem Grund sollte man als Jungautor sehr sorgfältig prüfen, mit welchen Verlagen man sich einlässt. Allerdings muss man da aufpassen: im Internet kursieren viele Listen mit angeblichen Zuschussverlagen, die übers Ziel hinausschießen, weil sie oft rein dadurch definiert sind, ob der Autor irgendetwas im Voraus bezahlen muss. Aber gerade bei den sogenannten Pflichtabnahmen ist sorgfältiges Abwägen geboten. Nicht jeder Verlag, der von seinen Autoren verlangt, eine bestimmte Anzahl Bücher kostenpflichtig zu beziehen, ist darauf aus, dem Autor das Geld aus der Tasche zu ziehen. Solange der Autor diese Bücher zum Selbstkostenpreis bekommt, ist das durchaus ok, denn viele kleinere Verlage nutzen diese Pflichtabnahme, um die Autoren so zu Lesungen zu animieren (bei denen sie dann ebendiese Bücher zum regulären Buchpreis weiterverkaufen können und durch den Gewinn diese vorbezahlten Bücher auch rasch wieder finanziert haben). Wenn es allerdings mehrere hundert Stück sind, womöglich zum Ladenpreis, dann ist Vorsicht geboten.

Abschließend lässt sich also festhalten: wenn ein Verlag eine höhere (oft vier- bis fünfstellige) Summe fordert, meist im Voraus, wenn noch gar keine Leistung erbracht worden ist, dann lasst die Finger davon! Zuschussverlage leben nicht nur vom Geld ahnungsloser Autoren, sondern ruinieren als Nebeneffekt oft auch noch deren guten Ruf.

Und wer nach diesem langen Text noch Lust hat, sich auf humorvolle Weise weiter über das skrupellose Geschäftsverhalten einiger Zuschussverlage zu informieren, dem sei dieser Spiegel-Online-Artikel empfohlen: klick.

6 Kommentare:

  1. Ein wirklich interessanter Post!
    Ich denke, dass du sicher vielen mit diesem Post weiterhelfen kannst, die gerne ein Buch veröffentlichen möchten und sie vor solchen Zuschussverlagen schützen kannst.
    Ich selber finde es hinterhältig von solchen Verlagen, sich so das Geld zu erschleichen.

    Liebe Grüße
    Isabell

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  2. Danke für diesen gut gemachten, sachlichen Post zum Thema. Ich begegne immer wieder Leuten, die wie selbstverständlich davon ausgehen, dass man für eine Publikation eine halbe Hypothek aufnehmen müsste -.-

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    1. Ja, manchmal staune ich, wie viele Leute der Meinung sind, für eine Veröffentlichung automatisch tief in die Tasche greifen zu müssen. Auf der anderen Seite wurde mir auch schon vorgeworfen, ich sei Teil dieses Ausbeutersystems, weil ich mal als externen Auftrag eine Firmengeschichte lektoriert habe. Dabei könnten sachliche Informationen, ein kühler Kopf und der Griff zum Taschenrechner viele solche Missverständnisse und Problemfälle verhindern...

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  3. Ein spannender Artikel! Vielen Dank!
    Leider ist bei mir momentan gar keine Zeit zum lesen, aber ein andermal beteilige ich mich gerne am Bücher-Wanderpaket!

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  4. Ja! Das alles kann nicht oft genug erwähnt werden! Ein schöner differenzierter Artikel!

    lieben Gruß
    Brigitta

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  5. Wirklich interessant. Da denkt man ja so nie drüber nach...

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