Donna Leon
Die Musikwissenschaftlerin Caterina Pellegrini soll zwei
seit Jahrhunderten versiegelte Truhen untersuchen, die den Nachlass von Abbé
Agostino Steffani enthalten, eines Barock-Komponisten, Bischofs und Diplomaten.
Das gegenseitige Misstrauen der beiden möglichen Erben ist so groß, so dass sie
Caterina als unabhängige Expertin engagieren, damit keiner den anderen
übervorteilen kann. Bald stellt sich heraus, dass die beiden Cousins davon ausgehen,
dass in der Truhe Hinweise auf einen Schatz verborgen sind. Caterina findet in
den Unterlagen zunächst zwar nichts, das auf größere materielle
Hinterlassenschaften deutet, aber sie entdeckt, dass Steffani in allerlei
dubiose Geschichten und möglicherweise sogar in ein Mordkomplott verwickelt
war. Und dann ist da noch der Anwalt Moratti, der nicht nur die beiden Cousins
vertritt, sondern offenbar noch eigene Interessen in der ganzen Sache hat und
Caterina ganz schön den Kopf verdreht...
Barockmusik ist Donna Leons großes Hobby. Und die
Begeisterung für diese Musik, die durch die Zeilen anklingt, ist denn auch das
Beste an diesem Roman. Ansonsten ist er vor allem langweilig. Über weite
Strecken des Buchs sieht man Caterina dabei zu, wie sie forscht und liest,
Hunger bekommt, etwas isst, liest und forscht und dann heimgeht, um dort
weiterzulesen. Als Person bleibt sie schwer fassbar und widersprüchlich, was
teilweise auch durch die Story bedingt ist. Anders ist beispielsweise nicht zu
erklären, dass eine ansonsten sehr kirchenkritische und logisch denkende Frau
davon ausgeht, dass der Vatikan zwei Truhen mit unbekanntem Inhalt aus dem
Besitz eines Bischofs mit dubioser Vergangenheit herausgibt, ohne sich die
Papiere anzusehen und oder zumindest vorher den rechtmäßigen Besitzer zu
ermitteln. Aber das darf Caterina erst nach zweihundert Seiten begreifen, denn
mit solchen Tricks wird versucht, künstlich etwas Spannung in die Geschichte zu
bringen. Diese fällt aber nach wenigen Seiten jeweils wieder in sich zusammen,
weil die angedeuteten dunklen Machenschaften bis zum Schluss kein klares Bild
ergeben. Zwar werden die „himmlischen Juwelen“ am Ende gefunden, aber was damit
passiert, wer die Drahtzieher hinter der ganzen Geschichte sind und was deren
Motivation ist, bleibt alles gleichermaßen unklar oder zumindest unplausibel.
Die Begeisterung ihrer Freundin Cecilia Bartoli, die als
Sängerin eben eine neue CD mit Arien von Agostino Steffani herausgebracht hat,
soll Donna Leons Interesse für Steffani als historische Figur geweckt haben und
sie dazu inspiriert haben, nach zwanzig Büchern um den beliebten Commissario
Brunetti mal etwas anderes zu schreiben. Aber falls das ein Versuch war, sich
auf Brunettis Pensionierung vorzubereiten und sich ein neues literarisches Tätigkeitsfeld
zu eröffnen, darf man ihn als vollumfänglich gescheitert betrachten. Nach der
Lektüre bleibt nur das Unverständnis darüber, dass eine versierte Autorin einen
so dürftigen Plot in eine derart langweilige Geschichte packt, und ein bisschen
Neugier darauf, wie die Musik dieses schwer fassbaren Komponisten wohl klingen
mag.
Klingt nach einem sehr langweiligen Krimi... Danke, so weiß ich, was ich nicht kaufen muss.
AntwortenLöschenEs ist irgendwie auch kein Krimi, eher so ein komisches Zwischending zwischen Thriller, historischem Roman und ganz viel banalem Forschungsbericht, garniert mit etwas venezianischem Flair. Aber den Venedig-Touch kann man bei den Brunettis auch finden und bekommt dort lebensechte und liebenswerte Figuren plus eine vernünftige Geschichte noch dazu ;)
LöschenMmh, schwierige Lektüre, wie mir scheint. Ich persönlich habe noch keinen einzigen Roman von Donna Leon gelesen - und bin mir auch nicht mehr sicher, ob ich das unbedingt muss.
AntwortenLöschenAlso die frühen Brunettis sind wirklich gut. Da ist nur das Problem, dass nach 20 Bänden irgendwann nichts mehr neues kommt, aber die ersten 6-8 sind ein absoluter Lesegenuss und haben damals das Genre der eher ruhigen Regionalkrimis massgeblich mitgeprägt.
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