Google+ Julias Buchblog: Celeste Ealain - Die verschollene Rasse Mensch

Montag, 1. Juni 2015

Celeste Ealain - Die verschollene Rasse Mensch

Covernutzung mit freundlicher Erlaubnis der Autorin
Die verschollene Rasse Mensch
Selbstverlag, hier erhältlich
ISBN 9781499578829


Die Journalistin Linnéa stößt bei der Recherche zu einem Artikel auf eine seltsame Insel im Pazifik. Dort wohnen nur Frauen, aber obwohl es angeblich keine erwachsenen Männer oder auch nur ältere Knaben gibt, gebären diese Frauen regelmäßig Kinder. Was Linnéa dann bei einem Besuch dieser Insel herausfindet, stellt die Geschichte der Menschheit auf den Kopf. Denn die zugehörigen Männer gibt es durchaus, nur leben sie nicht mehr mit ihren Frauen an Land...

Eigentlich hätte ich es ja besser wissen sollen, denn zumindest sprachlich wird kaum ein selbstverlegtes Buch meinen Ansprüchen gerecht, aber die Kurzbeschreibung bei BloggdeinBuch klang so spannend, dass ich „die verschollene Rasse Mensch“ dann trotzdem lesen wollte. Die Idee, dass auf einer abgelegenen Insel im Pazifik eine eigene menschliche Spezies lebt, ist ja seit der Entdeckung des Flores-Menschen gar nicht mehr so abwegig, Humanevolution hat mich schon immer fasziniert und gute Fantasy mag ich auch. 

Der fantastische Teil der Geschichte hat zumindest großteils meine Erwartungen erfüllt. Die Beschreibungen der Unterwasserwelt erzeugten ein sehr plastisches buntes Bild, und Linnéas langsame Annäherung an die Meermenschen war ebenfalls schön ausgearbeitet. Gleichzeitig wäre aber gerade bei diesen „Menschen“ selbst etwas weniger Fantasy mehr gewesen, denn leider hat die Autorin die vielversprechende Grundidee ins Absurde überspitzt. Satt eines Hominiden mit leichten Anpassungen, die ihm ein Leben auch im Wasser ermöglichten und die man ähnlich jenen von Walen hätte gestalten können, taucht da ein ziemlich unplausibles Wesen auf, das Kiemen und einen Rückenkamm besitzt, Stacheln ausfahren und Betäubungsgas absondern kann und insgesamt eher einem Alien als einem Menschen oder zumindest einem Primaten gleicht. Diese Unkenntnis oder Missachtung von evolutionären Vorgängen zeigt sich auch in der Wortwahl, welche schon im Titel zu fassen ist. Was die Autorin da beschreibt, kann allerhöchstens zur selben Gattung wie der Mensch gehören, aber nicht zur selben Spezies, womit Rasse (unabhängig vom üblen Beigeschmack, den das Wort in Bezug auf Menschen hat) definitiv der falsche Begriff ist.

Damit wären wir auch beim Hauptproblem dieses Buches, der Sprache. Immer wieder bin ich beim Lesen über seltsame Vergleiche und ungewohnte Formulierungen gestolpert. Das scheint der persönliche Stil der Autorin zu sein und hat einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Wendungen wie „ein breites Grinsen entfloh seinen Mundwinkeln“ mögen wortwörtlich genommen nicht funktionieren (ein Grinsen findet im Gegensatz um Lachen stationär in den Gesichtsmuskeln statt, kann also nicht entfliehen), aber das Bild, dass sie vermitteln, passt. Andere dagegen, wie beispielsweise der „sporadische Drehsessel", sind für mein Sprachempfinden einfach nur falsch. Und wenn ich an einer der spannendsten Stellen des Buches nicht mitfiebern kann, weil ich über die eigenartigen Formulierungen lachen muss, finde ich das nicht originell, sondern ärgerlich. Ebenfalls lästig und nicht durch den Schreibstil entschuldbar waren die vielen Fehler, vor allem die fehlerhafte Groß- und Kleinschreibung bei „Sie“ und eine kreative Kommasetzung. Leider gilt auch hier: man merkt erst, wie viel ein ordentliches Lektorat ausmacht, wenn es fehlt. Schade, denn dadurch wurde der Lesegenuss gravierend getrübt.

Fazit: ich habe mir die Bewertung nicht leicht gemacht, aber angesichts des sprachlichen Zustands dieses Buches kann ich wirklich nicht mehr als zwei Sterne vergeben.

8 Kommentare:

  1. Uff. Jetzt bin ich richtig erleichtert, dass nicht nur ich den Lovely Selfie so hart beurteilt habe. Zwar gab es auch noch andere Probleme, aber der eigenartige Schreibstil hat mich auch extrem genervt.

    Es geht eben nichts über ein gutes Lektorat.

    Liebe Grüße, Sefa

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Viele weitere kritische Stimmen gibt es aber bisher nicht, offenbar stören sich viele nicht an den sprachlichen Kapriolen und Patzern...

      Löschen
  2. Ach herrje, das klingt ja grauenhaft. Lachen oder weinen?! Ich habe heute in ein Selfie hinein gelesen, das ein Jugendbuch ist. Es klingt so gewollt jugendlich, dass ich mir vorstellen kann, dass man in meinem Alter denkt, dass Jugendliche so sprechen, sie aber es garantiert nicht tun. Ich hoffe, das war jetzt verständlich. Irgendwie ist mir die Lust schon vergangen.

    LG
    Mona

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Oh ja, über gewollt jugendliche Sprache habe ich mich auch schon gewundert, vor allem, wenn man bedenkt, was für ein Krampf es für den Autor sein muss, in einer für ihn "fremden" Sprachart zu schreiben. Und zu allem Übel wirkt ein Buch dann auch schnell antiquiert, weil sich eine authentisch jugendliche Sprache ja ständig verändert...

      Löschen
  3. Das mit der Sprache ist bei Celeste Ealein so, bei der ISAY Reihe ist das ganze nicht so stark, die kann ich wriklich empfehlen. Momentan lese ich von ihr in einer Leserunde Zum Androiden geboren, dort sind noch einige Verbesserungen nötig, die ich und andere ihr immer mitteilen und die sie dann direkt abändert, sie ist also sehr bemüht die Sache besser zu machen. Die verschollene Rasse Mensch subbt bei mir noch, mal schaun :D
    Die Ideen ansich sind eigentlich immer gut und ISAY mag ich wirklich sehr^^

    AntwortenLöschen
  4. Hey : )
    ich glaube das es nie leicht ist ein Buch zu bewerten und zu rezensieren das man selbst nicht schön fand. Dennoch sollte man nicht vergessen das der oder die Autorin Arbeit und Mühe hinein gesteckt hat. Das man sich gerade als Selfie nicht immer ein Lektorat leisten kann ist ja klar : )
    Das Buch hat mich nun auch nicht unbedingt angesprochen, aber ein auf Fantasie basierender Roman kann in meinen Augen nicht wissenschaftlich auseinander gezupft werden, obwohl ich schon etwas lächeln musste bei deiner Rezi : )
    Schön ist jedoch, dass du über deinen Schatten gesprungen bist und ein Selfie probiert hast ^^ Ich hoffe, dass es auch weiterhin so sein wird. Denn ab und an wird man ja doch für sowas belohnt : )
    Liebe Grüße
    Romi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Klar hat ein Autor Zeit und Arbeit in ein Buch investiert, und ja, ein ordentliches Lektorat ist teuer. Aber ich bewerte das Endprodukt Buch, nicht die Mühe des Autors, und da gehören eine korrekte Sprache und eine solide Recherchearbeit für mich einfach dazu, sonst kann ich es nicht mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Ich will ja nicht in erster Linie Autoren fördern, sondern anderen Leseratten eine Orientierung im Dschungel der knapp 100'000 Neuerscheinungen pro Jahr auf dem deutschsprachigen Markt bieten. Und meine Kritik an der "Unwissenschaftlichkeit" der Umsetzung der Grundidee stand nur stellvertretend für diverse Recherchemängel. Ich hätte beispielsweise auch darauf verweisen können, dass National Geographic als US-Magazin nicht in London sitzt...

      LG, Julia

      Löschen
  5. Meine Lieben!

    Ich würde mich auch noch gerne ins Gespräch einbringen. Grammatikfehler und Groß-und Kleinschreibung sollten auf jeden Fall nicht passieren. Sei es nun ein Selfi-Werk oder von einem Profi. Da ich aber auch in namhaften Verlagsbüchern immer wieder Fehler finde, weiß ich: niemand ist unfehlbar und viele Schätze bleiben verborgen, wenn man sich immer nur auf den Mainstream schmeißt.
    Ich kann für meinen Teil nur sagen, dass ich für die Recherchen sogar in ein Labor der Med-Uni gegangen bin und mich mit einem Genetiker bei meiner Theorie unterstützen hab lassen. Also ganz so aus dem Hut gezaubert wurde es nicht ;o)
    Mir ist bewusst, dass ich einen eigenen Stil habe und meine Helferchen und das Korrektorat können sich bei mir leider nicht immer durchsetzen. Es fällt mir manchmal schwer den richtigen Mix aus meinem Stil und korrekten Metaphern und Ausdrucksweisen zu finden. Dafür habe ich aber Leser, die sich gerne jedes Buch kaufen, weil sie genau die kreative Freiheit schätzen. Ich denke mir, ich werde es nie jedem Recht machen können, möchte mich aber weiter bemühen und nehme Kritik dankend an.

    Es ist kein Jugendstil hier erzwungen worden.

    lg Celeste Ealain

    AntwortenLöschen