Google+ Julias Buchblog: Alan Weisman - Die Welt ohne uns

Freitag, 8. Mai 2015

Alan Weisman - Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns: Reise über eine unbevölkerte Erde
Alan Weisman
ISBN 9783492253055

Die Ausgangslage dieses Buchs ist ein Gedankenexperiment: was würde geschehen, wenn der Mensch von heute auf morgen von der Erde verschwindet? Wie lange würde es dauern, bis sich die Natur den Planeten wieder vollständig zurückerobert hat? Oder gibt es menschliche Einflüsse, die nicht wieder zu tilgen wären? Auf der Suche nach Antworten liefert Alan Weisman spannende Infos. So würden etwa die Wolkenkratzer von New York wohl noch jahrhundertelang als Gerippe stehen bleiben, aber die Strassen dazwischen hätten sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit in Flusslandschaften verwandelt. Schon jetzt kämpft die Stadt gegen das steigende Grundwasser, und wenn die Pumpen ausfallen, wäre die U-Bahn innert 36 Stunden abgesoffen. Rasch wäre der Untergrund durchgeweicht, das Pflaster würde aufbrechen, Beton weggespült, und nur die wirklich großen Gebäude, die tiefe Fundamente bis auf den Fels hätten, könnten dem Wasser noch einige Zeit widerstehen.
Umgekehrt wird es etwa 100 000 Jahre dauern, bis all das überschüssige Kohlendioxid, dass durch die Menschen in den letzten zwei jahrhunderten in die Atmosphäre gelangt ist, wieder vollständig absorbiert sein wird.

Alan Weisman gliedert sein Buch nach größeren Themen, also erst der Verfall von Gebäuden, dann die Gebiets-Rückeroberungen durch Flora und Fauna, Auswirkungen von menschlichen Einflüssen in der Atmosphäre, Kunststoff, Chemie, Großbauprojekten und Nuklearanlagen. Alles verständlich aufbereitet und durch eingearbeitete Interviews und Gespräche aufgelockert. Nur der Ausflug in die menschliche Evolutionsgeschichte hat mich gestört. Einerseits, weil hier Weisman kurzfristig sein Gedankenexperiment ändert und sich überlegt, wie die Welt aussähe, wenn sich der Mensch gar nie entwickelt hätte. Vor allem aber weil er wild durch mehrere Millionen Jahre Entwicklungsgeschichte hüpft, so dass ein Leser ohne Vorkenntnisse überfordert ist (und ich als Leserin mit Vorwissen irritiert bin über eher unwissenschaftliche Vereinfachungen). Trotz dieses Mankos bietet dieses Gedankenspiel viele neue Blickwinkel auf die Welt und unser Umgang mit ihr, ohne dabei allzu belehrend zu wirken. Da der Inhalt doch relativ verdichtet ist und immer wieder neue Fachgebiete berührt, kann man das Buch wohl nicht am Stück lesen, aber durch relativ kurze, in sich abgeschlossene Kapitel wird dem Leser den Wiedereinstieg auch nicht schwer gemacht, wenn man das Buch mal ein paar Tage zur Seite legt. Wer also solche Gedankenexperimente mag und keine Angst vor naturwissenschaftlichen Erörterungen hat, wird mit „Welt ohne uns“ ein paar unterhaltsame und lehrreiche Stunden verbringen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen