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Sonntag, 3. Juni 2012

Andrea Rottloff - Die Frau im grünen Mantel

Die Frau im grünen Mantel
Andrea Rottloff
Verlag Philipp von Zabern
ISBN 978-3805340878


Das Romandebüt der Archäologin Andrea Rottloff schildert ein Frauenschicksal im 12. Jahrhundert: Schon als Kind träumt die Engländerin Margret von einer Pilgerreise ins Heilige Land. Als Erwachsene macht sie sich auf den Weg, trifft allerdings zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt in Jerusalem ein: die Stadt wird von Sultan Saladin belagert. Dabei lernt Margret Marjam und ihre Familie kennen, verliert sie jedoch wieder aus den Augen, als Jerusalem kapitulieren muss. Kaum entronnen, gerät Margret in die Gewalt von Beduinen und wird als Bergwerksklavin verkauft. Der Medicus Jonas, der sie befreien konnte, entwickelt sich zu ihrer grossen Liebe, was Margret in einen Gewissenskonflikt stürzt: soll sie bei Jonas bleiben und ihre weitere Pilgerreise und die Rückreise in die Heimat aufgeben? Sie trifft Marjam wieder und wird Zeugin, wie diese durch einen rücksichtslosen Tempelritter in eine aussichtslose Lage gerät, so dass sie als „Frau im grünen Mantel“ in die Geschichte eingehen wird. Unterdessen spitzt sich der Konflikt zwischen Christen und Muslimen immer mehr zu und führt schliesslich zu einem unfassbaren Drama.

Man merkt, dass Andrea Rottloff Wissenschaftlerin ist. Die historischen Fakten sind sehr genau wiedergegeben, auch in kleinsten Details.  Das Nachwort und das Personenregister am Schluss des Buches machen es dem Leser einfach, Fiktion und Fakten auseinander zu halten, auch die ausführliche Zeittafel hilft dabei. Wer einen Fachbegriff nicht versteht, kann im Glossar nachschlagen. Und wer sich weiter mit dem Thema befassen möchte, ist mit der ausführlichen Literaturliste gut ausgestattet.

Man merkt aber auch, dass es der erste Roman der Autorin ist. Die Sprache wirkt manchmal trocken, stellenweise dann wieder sehr schwülstig. Bezeichnenderweise wirken jene Szenen am lebendigsten, die historisch gut fundiert sind. Ansonsten bleibt die Figurenzeichnung eher flach, da durch die eher überfrachtete Handlung wenig Raum für eine charakterliche Entwicklung der Protagonisten bleibt. Vielleicht liegt das daran, dass die Autorin möglichst viel Geschichte in ihren Roman einbauen wollte. Schade, denn eine Pilgerreise als alleinstehende Frau bietet eigentlich genug Stoff, ohne dass man da noch Beduinenüberfälle, Sklaverei und religiöse Visionen bemühen muss.

Auch die ständige Mahnung zu mehr Toleranz im Konflikt zwischen den Kulturen und Religionen wird mit der Zeit ziemlich lästig. Die Darstellung des toleranten Muslims Saladin und des engstirnigen, fanatischen Christen Richard Löwenherz ist etwas einseitig, auch wenn die Grundtendenz natürlich der historischen Faktenlage entspricht. Aber der moralische Zeigefinger hätte ein wenig zurückhaltender eingesetzt werden können. Dass Margret ihre jüdische Jugendfreundin ausgerechnet im Heiligen Land wieder trifft, damit diese ihr von Progromen in England erzählen kann, wirkt zu sehr konstruiert und trägt wenig zur Handlung des Buchs bei.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch noch an diversen Kinderkrankheiten eines Erstlingsromans einer Autorin krankt, die bisher Fachliteratur verfasst hat. Allerdings ist durchaus Entwicklungspotenzial vorhanden, man kann also auf den nächsten Roman von Andrea Rottloff gespannt sein.

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